Aus den Aufzeichnungen Juli (Romanauszug)

(Aus den Aufzeichnungen Juli)

Das Volk der Dichter und Denker ist eine Hochstapelei. Zugegeben eine recht schmeichelhafte, aber dennoch ziemlicher Murks. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass kaum einer denkt, geschweige denn dichtet. Und diejenigen, die es versuchen, müssen zwangsläufig scheitern. Aus dem Blickwinkel der Evolution macht das Sinn. Selbst wenn man Sinn angeblich nicht machen kann. Ergeben ergibt sich gegebenenfalls durch Umstände, die man vorher nicht kennt und im Nachhinein als lächerlich interpretiert. Der Teufel steckt in der Grammatik. Vielleicht sogar in der Evolution selbst. Und er hat seinen Spaß.

Es gibt natürlich immer Ausnahmen. Und wenn man Wittgenstein glauben schenken würde, wäre diese Regel damit widerlegt. Doch das hieße, eine Theorie mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Und das wiederum grenzt bekanntlich an Genialität. Aber die Zahl der Genies in Deutschland liegt kaum über dem Gefrierpunkt. Und sämtliche Anstrengungen, die unternommen werden, um Genies zu verhindern, köcheln seelenruhig und fröhlich in bester Gemütlichkeit vor sich hin. In deutschen Küchen riecht es gut. Das ist ein Vorurteil. Und damit ist Deutschland vollgepackt. Bis unter das Dach. Und Dächer sind eine sinnvolle Einrichtung. Unabhängig davon, dass sie Regen abhalten, tragen sie den Staub eines ganzen Volkes wie eine Schicht aus Hirnhaut und Erinnerung in den obersten Regionen statisch brillant durchkonstruierter Gravitationsverweigerung in sich. Jeder, der schon einmal einen Dachboden betreten hat, weiß das.

Selbst wenn Wissen kaum mehr Wert ist, als eine globale Modeerscheinung, die maximal eine Saison durchsteht. Bei guter Interessengemeinschaft vielleicht zwei. Letztendlich bleibt es eine Frage der Perspektive. Egal, wie lange eine Saison dauert. Glaube und Aberglaube sind bestenfalls zwei Seiten derselben Medaille.
Da wird beispielsweise dem Wissenschaftler ein Apfel auf seinen Kopf geworfen und eine Theorie entsteht. Die Frage, ob diese Theorie eine andere geworden wäre, hätte man ihm ordentlich in den Arsch getreten, stellt sich nicht. Eine Frage, die sich tatsächlich stellt, ist, was Wissenschaft und Glaube eigentlich mit einander zu schaffen haben. Denn während die eine in höchsten Tönen von irgendwelchen Beweisen monoton vor sich hin brabbelt, erinnert der andere eher an ein Wettbüro. Pascal wusste das. Und doch entsteht das eine aus dem anderen. Vielleicht umgekehrt. Sie und Er. Er und Sie. Jin und Jang. Spekulationen sind die Grundlage von beiden. Jeder, der schon einmal sein gesamtes Vermögen an der Börse verloren hat, weiß das.
Letzten Endes hat alles seinen Preis. Womit wir wieder bei Wittgenstein wären und sich ein Kreis schließt. Es steht also wesentlich mehr in den Sternen, als man sieht. Sogar auf den zweiten Blick

© Ulrich P. Hinz

 

Foto von Suzy Hazelwood

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