19.06.2018 Schreibübung

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Schreib-Übungen
  • Lesedauer:2 min Lesezeit

Das Loch in der Wand war größer geworden. Fast jedes Mal wenn er daran vorbei lief, schlug er seine Faust in diese Wunde. Ein Haus ist ja im Allgemeinen verletzlicher als man meint. Ihn störte das nicht. Im Gegenteil. Er genoss jeden einzelnen Schlag. Durch war er noch lange nicht. Aber der Krater wuchs. Stück um Stück. Schlag um Schlag. Anfangs waren blutige Knöchel natürlich an der Tagesordnung. Aber zu sehen, wie sich das Blut mit dem Weiß der Wand vermischte, machte ihn glücklich. Ließ ihn lächeln. Den Schmerz vergessen. Freudenschreie ausstoßen. So müssen sich Künstler fühlen.

Die Wohnung war klein. Keine 40 qm. Zwei Zimmer, Küche Bad. Vier Fenster. Ewig nicht geputzt. Überall Staub. Der Teppich alt. Mit Brandflecken von ausgetretenen Zigaretten übersät. Die Frau war weg. Er ging in die Küche. Warf die Kaffeemaschine an. Nahm eine saubere Tasse aus dem Schrank und wartete. An den Wänden und der Decke ebenfalls schwarze Flecken. Lebensmittelmotten. Tod durch Fliegenklatsche. Das geht schnell. Die Biester sind beratungsresistent. Eine andere Lösung gibt es nicht. Das riesige Schlachtfeld zeugt von den Spuren eines harten, erbittert geführten, und doch gewonnenen Krieges. Die Farben verblasten allmählich. Aber so ist das ja mit fast allen Kriegen.

 

© Ulrich P. Hinz

Schreibe einen Kommentar