Gedankenschleuder (01.06.2022)

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01.06.2022

Mit blutunterlaufenen Augen vor der Glotze. Gehirne waschen bei 95 Grad. Ohne Rückstände und keinerlei Flecken. Wir haben die Wahrheit. Sonst nichts. Die reine Wahrheit bei gekochten Temperaturen. Das geht direkt und ohne Umweg tief in die Rübe. Es ist eine wunderbare Sache. Und das Beste daran, wir lassen uns dafür fürstlich bezahlen. An alle die, die es wissen wollen. Die die Wahrheit kennen wollen. Und Wahrheit kostet nun einmal. Das war immer schon so. Und eigene Interessen werden nicht berücksichtigt. Wo kämen wir hin, wenn das so laufen würde. Die ganze Angelegenheit geht auch über die Hörkanäle direkt ins Gehirn. Und dann laufen wir rum. Mit der Wahrheit in den Knochen. Vor Hunden muss man keine Angst haben. Die wollen nur spielen. Aber mit der Wahrheit spielt man nicht. Sie ist einmalig und bereits in guten alten Konserven vorbereitet. Das kann man nachlesen. Sollte man aber unterlassen. Denn die Wahrheit kennt keine Abweichungen. Das große Spiel beginnt mit dem Hahn, der am Morgen die Stimme erhebt und endet mit dem alten Lied der Nacht. Die wird allerdings niemals enden. Und das ist gut so. Für alle, denen das nicht ausreicht, es gibt sie auch in gedruckter Form. Schaut euch die Vielfalt an. Man kann sie googeln. Aber die Ergebnisse stehen bereits vorher fest. Sind frei von Machwerken der anderen Seite. Vielleicht könnte man das nachlesen. Wir wissen es nicht. Aber die Wahrheit kennen wir ganz genau. Es gibt keinen Zweifel daran. Und wenn Descartes von Zweifeln sprach, die Wahrheit wird er nicht gemeint haben. Kann er nicht gemeint haben. Das war schon immer so. Selbst die Sophisten kannten die Wahrheit. Und nichts als die Wahrheit. Das war ein großartiges Spektakel, wie sie den Sokrates um die Ecke gebracht haben. Der hatte die Wahrheit nicht gepachtet. Und das ist falsch. Ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen die Jugend. Und mit der Jugend lassen wir nicht spaßen. Wo kämen wir da hin. Es ist im Grunde relativ einfach. Das ganze System läuft wie ein Uhrwerk. Und Uhrmacher wie Sokrates kann man zum Schweigen bringen. Das sind heute bessere Zeiten, als wir sie jemals hatten. Und wenn man sich so umschaut in der Welt, kann man das alles nur bestätigen. Er kennt sie alle. Und wir glauben fest daran. Selbst, wenn es Zeiten gab, in denen wir an Jesus geglaubt haben. Das wird es immer geben. Bleibt aber vielfach nur Randnotiz. Als öffentliche Zurschaustellung der anderen Seite. Es ist einfach ein herrliches Unterfangen. Und die Sophisten haben sich besser verkauft als Jesus und Sokrates zusammen. Selbst, wenn das für einige traurig klingen mag. Es ist das Beste, was uns passieren konnte. Und nur, weil Sophisten eine ganz eigene Agenda haben, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht doch unser Bestes wollen. Das kann man niemanden unterstellen. Und immerhin zahlen wir ja dafür. Und alles, was kostet, muss gut und richtig sein. Die ganz normale Wahrheit ist ein gängiges Handelsgut der Dichtung. Wir könnten unseren Spaß daran haben. Aber für Spaß ist die Zeit vorbei. Denn der gute, brave Deutsche ist ein folgsames Wesen. Und weil es seinerzeit selbst bei Heidegger gewest hat, muss das nicht zwangsläufig bedeuten, dass es falsch ist. Nein. Wir kennen die Wahrheit. Und der schusselige Pilatus stellte einfach die falschen Fragen. Fast so, wie Sokrates. 15 Minuten vorbei. Schade.

© Ulrich P. Hinz

Foto von Ekaterina Belinskaya

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