Gedankenschleuder (01.03.2022)

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01,03,2022

1933 ist lange vorbei. Sie schießen unsere Herzen wieder kriegsreif. Ganz ohne zu intervenieren. Das geht von alleine. Der böse Onkel heißt nicht mehr Hitler. Und auch Stalin schläft tief und fest. Was solls. Die Strukturen sind ähnlich. Auch wenn sie sich nur schwer vergleichen lassen. In den Straßen spielen die Kinder schon lange nicht mehr. Das Feiern wird zur Ausnahme. Und in den kleinen Augen liegen die toten Zeiten längst im Verfall. Auf der ganzen Linie eines Gleichnisses von wem auch immer. Der Zucker ist genug da. Das Klopapier wird enger. Aus der ganzen Angelegenheit kommen wir geschwächt hinaus. Und darüber hinaus gehen wir weiter über unsere Grenzen. Freiheit und so. Freiheit ist heute nicht mal mehr ein Wort. Nicht mal mehr eine leere Hülse. Jeder Blumenkohl ist mehr als alles. Und darin enthalten die ganze Tragik eines Schauspielerlebens. Verboten. Und die Bücher werden auch wieder brennen. Sie haben schon gebrannt. Aber heute wird das Licht heller sein. Und ohne Ausnahmen werden nur wenige überleben. Kaum einer. Aber dabei haben wir die guten Sitten behalten. Wir sind wieder wer. Liefern Waffen und lassen uns damit die Ärsche selber wegschießen. Gut, dass Hitler tot ist. Schade, dass George Orwell keinen Virus auf der Liste hatte. Und die gute neue Welt kommt in riesigen Schritten. Siebenmeilenstiefel sind längst überholt. Und das Volk jubelt, wenn es so richtig in den Arsch getreten wird. Auf wen können wir hoffen. Wem können wir trauen. Ist da überhaupt noch irgendwer im ganzen All. Ein Universum ist doch mehr als genug. Aber wir singen die alten Lieder und das Echo vergibt nie. Kann nicht vergeben. Wird nicht vergeben. Aber längst schlafen sie gut. Tief und fest. Die Götter von allen Sternen. Die vereint sich köstlich über uns amüsieren. Ohne dabei auch nur ansatzweise ein schlechtes Gewissen zu haben. Der Duft nach Bomben und Schlachtfeld hat ihnen schon immer gefehlt. Seit Napoleon lieben sie es mehr, als sie die eingeschossenen Gesichter, die abgetrennten Glieder, die Ströme von Blut eigentlich verachten sollten. Aber sie gieren danach. Egal wo das herkommt. Wir sind auf uns selbst gestellt. Und damit wirds dunkel. Damit wirds eng. Das kann alles und gar nichts bedeuten. Dann werden die Kirchen wieder Waffen segnen. Und unter gewissen Umständen bleibt das geheim. Aber der große Urknall steht kaum zu befürchten. Denn so dumm kann niemand wirklich sein. Oder doch? Sollten die Kinder das Spiel wirklich spielen? Warum auch nicht. Eine Sorge weniger. Und das ist doch gut. Das ist mehr als genug. Mehr als man hoffen kann. Hoffen darf. Und letztendlich ist der Tod das einzig verbleibende Happy End des Ganzen. Wovor also haben wir angst. Wovor. Warum klammern wir uns an das bisschen Leben. So sinnlos ist das doch schon lange nicht mehr. Aber gut. Die Kinder sind wieder mal die Verlierer. Und das wird immer so bleiben. Deswegen hatte Jesus sie schon erwähnt. Und alle anderen spielen im Sandkasten und singen unter dem Mond. Solange es eben geht. So lange es eben geschieht. Die Kinder zu retten, ist fast unmöglich. Gnädige Hure Babylon. Rette die Kinder. Und den Rest lass außen vor. Dann können wir spielen. Und der Ernst des Lebens kann draußen bleiben. Für den Rest einer Zeit, in der das Universum langsam auseinanderfällt. Warum auch nicht. Es ist gut. Es ist sehr gut. Wie sagten die Futuristen, es ist schön, wenn brennende Leiber die Straßen fluten. Es ist schön, wenn die Mütter über ihren getöteten Söhne trauern. Viertel Stunde vorbei. Gott sei Dank.

 

© Ulrich P. Hinz

 

Foto von Ekaterina Belinskaya

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