Gedankenschleuder (17.07.2022)

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17.07.2022

Ein Krieg ist heutzutage nicht mehr notwendig. Und nur, weil man an dieser überalterten Naturform festhält, heißt das gar nichts. Es schon lange nicht mehr der Vater aller Dinge. Wobei im Hinblick auf die scheinbare Überbevölkerung könnte er noch einmal ein Comeback feiern. Ebenso im Hinblick auf die maroden Finanzsysteme. Und das könnte allen großen Spaß machen. Aber sind wir ehrlich, Krieg um Grenzen ist obsolet geworden. Obsolet. Was für ein lustiges Wort. Was heutzutage nicht alles obsolet ist. Und ich habe nicht die geringste Ahnung, was obsolet eigentlich bedeutet. Aber damit wären wir wieder bei der Semantik. Und hier geht es um Krieg. Nicht um Bedeutung. Nehmen wir an, die Waffenverkäufer schulen um und verkaufen ab morgen Blumen. Die Welt wäre irritiert. Und das mit guten Grund. Nehmen wir weiter an, die großen Bosse wollen nur das Beste für den Menschen. Das würde uns noch sehr viel schwerer irritieren. Also gut, dass es so weit nicht kommen wird. Und darüber muss auch der gerade eben gefallene Soldat froh sein. Denn was wäre aus seinem Leben geworden, wäre er kein Soldat. Man kann sich das überhaupt nicht vorstellen. Und auch die Tatsache, dass unsere großartige Bundeswehr eigentlich eine reine Verteidigungsarmee ist, kann als überholt angesehen werden. Und das ist gut so. Man sollte Russland nicht mit Sanktionen belegen. Wir sollten direkt dort einmarschieren. Und dann mal sehen, wie weit wir diesmal kommen. Danach könnte man dann die Friedensverhandlungen abhalten. Wir rauchen alle eine große Friedenspfeife und gut ist. Alles in Butter. Alles geritzt. Gas und Öl wieder zur freien Verfügung. Und der gute brave Deutsche müsste nicht den Hungertod sterben. Müsste nicht erfrieren. Wir würden große Gedenkfeiern für unsere gefallenen Soldaten abhalten. Und alles wäre wieder gut. So einfach stellt der Laie sich das vor. Aber so einfach ist es ja lustigerweise nicht. Glaubt man den Mächtigen. Es wird einen globalen neuen Weltkrieg niemals geben, da man ja weiß, dass dabei keiner gut wegkommt. Wobei man sagen muss, dass es doch gewisse Möglichkeiten geben kann. Wenn der Obermotz verrückt ist. Aber das ist nur eine der Möglichkeiten. Und über Weitere muss man nicht spekulieren. Weil Kriege, wie schon gesagt, obsolet geworden sind. Und die Überbevölkerung anders in den Griff zu bekommen ist. Darauf wollen wir jetzt nicht näher eingehen, da es für den ein oder anderen doch etwas zu schockierend sein könnte. Daher lassen wir das und kehren zurück zur Semantik. Und darüber hinaus können wir uns von allen grammatikalischen Kategorien ebenfalls verabschieden. Denn wir haben Krieg in Ozeanien. Und dieser Krieg ist der Einzige, der zählt. Und nur weil Orwell tot ist, heißt das gar nichts. Und nur weil Orwell technisch millionenfach überholt ist, heißt das ebenfalls nichts. Und nur weil der gute brave Mensch sich nicht vorstellen kann, dass man es nicht gut mit ihm meinen könnte, heißt das noch viel weniger. Aber darüber wollen wir uns nicht streiten. Die Semantik lässt das zwar zu. Aber im Gegensatz zur Sprache, die mittlerweile Doppelplusgut ausgebaut wurde, ist die Welt zum Feiern verurteilt. Wie seinerzeit schon auf der Titanic. Aber damals hat schon die Kapelle die Töne angegeben. Und so soll es auch weiter gehen. Wir sind fest davon überzeugt, dass der Krieg wieder eine mögliche Größe in unserem Spiel geworden ist. Also reden wir nicht lange um den heißen Brei, sondern marschieren einfach ein. Der Rest findet sich dann schon von allein. Nicht von selbst, aber das spielt auch keine wesentliche Rolle mehr. Man sollte alles und jedem ein Lächeln schenken. Und dann erst. Viertel Stunde vorbei. Gott sei Dank!

© Ulrich P. Hinz

Foto von Ekaterina Belinskaya

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