11.09.2022
Die Flucht aus Deutschland wird greifbar. Willkür überschüttet dieses Land. Und das war selten der Anfang von etwas Gutem. Wir lieben unsere Gräber. Daher singen wir in lauten Kehlen den Untergang herbei. Selbst, wenn Europa anders liegt. Ganz woanders. Wir machen weiter. Wir kämpfen gegen Windmühlen. Und sind stolz darauf. Alles hat seine Zeichen. Und um diese zu erkennen, braucht es wenig. An einem Jahrestag wie diesem. Die Auferstehung aller Verschwörungstheorien. Eine Theorie ist aber kein Glauben. Ein Theoretiker ist ein Denker. Glauben ergibt sich daraus möglicherweise. Aber er ist nicht die tatsächliche Auseinandersetzung mit der Theorie. Das war schon bei Kennedy so. Und unter anderen Umständen wäre die Welt eine andere. Und die Theorien bleiben unverändert. Und wehe, wenn sie sich bestätigen. Das wäre das Ende aller Theorie. So ist es konzipiert. So kann es sein und nicht anders. Wir lieben den großen Onkel. Wir brauchen ihn sogar. Sonst müssten wir selbständig denken. Und das könnte sich als schwierig herausstellen. Das kann man in den Geschichtsbüchern finden. In den Alten. Die noch nicht geschrieben sind. Und selbst, wenn das paradox anmutet. Nichts ist so paradox und absurd wie die Wirklichkeit. Aber die Wirklichkeit von heute wird uns verkauft. Frei bietend. Das höchste Gebot gewinnt. Da kann man schon einmal ins Grübeln kommen. Wobei das eher selten der Fall ist. Sie sind gut. Gute Verkäufer. Und ein guter Verkäufer verkauft bekanntlich alles. Das hat er gelernt. Darauf ist er programmiert. Und wenn die Programmierungen Viren bekommen, nimmt man einfach das Existenzielle. Jeder will leben. Muss Raten bezahlen. Hat einen Kostenapparat. Und darauf ist Verlass. Keiner kann aus der Nummer aussteigen, ohne seinen Hals zu riskieren. Und der Rest steckt in den Schlingen. Die Gehängten sind zahlreicher geworden. Und das ist gut so. Man kann alles darauf verwetten. Selbst das Wetter ist im Einklang mit allem. Die Welt fängt an, sich zu wehren. Und wir interpretieren das. Und nur, weil es die Lautesten sind, werden sie gehört. Nur weil man ihnen Zeit schenkt, funktioniert es. Der große Onkel sagt das so. Jeden Abend um 20 Uhr. Das hat natürlich Konsequenzen. Die niemals hinterfragt werden dürfen. Das wurde sogar so verkündet. Und man glaubt es widerstandslos. Was für ein herrliches Dilemma. Und viele lachen nicht mehr. Rennen mit vergilbten Gesichtern durch eine Welt der Willkür. Darauf ist Verlass. Du hast das mit den richtigen Mitteln versucht. Und bist anfangs gut vom Start weggekommen. Nur hat sich im Laufe der Zeit etwas geändert. Und so etwas ist immer gefährlich. Auch wenn es das selbstverständlichste auf der Welt ist. Wir gehen dezent darüber hinweg. Und bleiben nicht bloß in Theorien stecken. Wir glauben. Ja, wir glauben. An das Gute. Das immer seltener wird. Aber auch das ist in einem solchen System nicht verwunderlich. Und nur, weil alles Gute bereits gesagt ist, hat es doch nur wenig Bestand. Aber das macht es aus. Daran kann man sich erinnern. Und die Erinnerung ist mehr als subjektiv. Wir machen es der Welt vor. Gehen weiter, als wir jemals waren. Und das ist gut so. Das macht uns Deutsche aus. Darauf kann man sich verlassen. Und ein Leben ist schnell gelebt. So wie der Tod tiefer in uns sitzt, als wir das je gedacht hätten. Und die Welt dreht sich schneller, als wir es je vermutet hätten. Das kann man glauben. Für eine Theorie reicht es nicht. Und darum ist es einerlei. Wir leben in guten Zeiten. Und wenn zwei große Türme in sich zusammenfallen, heißt das gar nichts. Viertel Stunde vorbei. Gott sei Dank.
© Ulrich P. Hinz
Foto von Ekaterina Belinskaya