26.06.2022
Sie versprechen uns Wunder. Im Außen. An die wir nicht glauben. In großen Vorstellungen hängen wir an Seilen. Nicht wie die Marionetten. Eher wie die Gehängten. Aber das ist uns mittlerweile egal geworden. Ab einem gewissen Punkt zählt nur noch das nackte Überleben. Und selbst, im letzten Stadium eines Krieges, wenn die Durchhalteparolen kaum noch funktionieren, halten wir uns daran fest. Wie die Gehängten, die den Strick lieben. Mit Leib und Leben. Das kann alles in allem als großzügiger Witz erkannt werden. Nur das Lachen bleibt uns im Halse stecken. In einem Land, in dem die Zitronen importiert werden, liegt ein dunkles Versprechen. Von Goethe und Co. wissen sie schon lange nichts mehr. Und das ist auch besser so. Denn im Gegenzug bleiben wir optimistisch. Auch, wenn uns relativ schnell klar wird, dass es kaum etwas bringt. Wir sind immer noch Soldaten. Sterben auf den Schlachtfeldern einer anderen Welt. Warum sollten wir das auch nicht. Und im Vorübergehen fällt unser Blick auf die Himmel. Denn mit einem einzigen begnügen wir uns schon lange nicht mehr. Das kann man messen. Und in jeder einzelnen Wolke, die über uns hinwegzieht, sehen wir nichts. Weshalb wir immer weiter in die Unsagbarkeit fallen. Und fallen ist gut. Wer das Fallen nicht gelernt hat, muss zwangsläufig untergehen. Aber darüber sieht man großzügig hinweg. Und Menschen, die einen Strick um den Hals tragen, der wie ein Schmuck unsere Seelen ziert, können kaum eine Minute nach innen schauen. Der Strick hält sie aufrecht. Und das hat fatale Folgen. Die wir natürlich ignorieren. Dazu sind wir geboren. Im heiligen Bild der Ewigkeit sehen wir nicht hin. Können wir nicht hinsehen. Denn der Blick am Strick ist deutlich eingeschränkt. Und viele wissen, dass es kein gutes Ende nehmen kann. Und erst, wenn viele erkennen, dass dies ein Trugschluss ist, könnte es sich bessern. Wir liegen im Dreck und wissen nicht, dass es eine großartige Gelegenheit bietet, sauber zu werden. Und darüber hinaus halten wir Hochzeiten ab. Um dann der Statistik zu folgen und die Scheidung genauso gründlich zu zelebrieren, wie alles andere auch. Nur mit dem Unterschied, dass es blauäugig erscheint. Und die alten Landser von früher, liegen im Sterben. Singen noch einsam und verzweifelt die Lieder ihrer Zeit. Und unser mitleidiges Lächeln wird uns nicht helfen. Die Landesgrenzen spielen ja bekanntlich keine Rolle mehr. Zumindest so lange, wie es nützen mag. Denn wenn uns ein Krieg in Aussicht gestellt wird, sind wir dabei. Mit erhabenen Kehlen marschieren wir geradeaus. Und wenn es nur eine Richtung gibt, muss sie richtig sein. Alles andere macht keinen Sinn. Ergibt ihn nicht einmal. Weil die ganzen Regentropfen der Welt nicht ausreichen. Dafür gibt es gute Gründe. So liegen wir dann tot in den Straßen und summen noch leise die große Melodie. Wunder sagen sie. In der Bibel steht was von Wundern. Aber das ist nicht mehr unsere Welt. Das ganze kann als ein lächerliches Experiment abgetan werden. Und wir treffen uns dann in den Höllen. Die, von denen schon Dante sprach. Und unser Lachen wird nachklingen. Wird uns an bessere Zeiten erinnern. Aber nur für den Bruchteil eines Atemzugs. Darüber hinaus bleibt nichts. Nicht einmal die ungeborenen Kinder. Man wird sie niemals schreien hören. Das hat nicht mit ihrem Status zu tun. Sondern vielmehr mit unseren Erkenntnissen. Und darüber lässt sich bekanntlich nicht streiten. So viele verschiedene Welten und doch so wenig Einsamkeit. Es muss im Versuch allen genügen. Viertel Stunde vorbei. Gott sei Dank.
© Ulrich P. Hinz
Foto von Ekaterina Belinskaya