Nächtliche Straßen (Kurzprosa)

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  • Beitrags-Kategorie:Kurzprosa
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18.06.2018

Er lief in der Mitte eines Kreises. Aus Herzschlägen und Atemaussetzern. Vorübergehenden Blindheiten, verursacht durch nervöses Blinzeln. Extremen Schmerzen am Hintern. Ergebnis von stundenlangem Sitzen an einer Theke. Für die nächtlichen Straßen einer Stadt besteht eigentlich kaum noch Hoffnung auf ein Fleckchen Dunkelheit. Das fand er gut. Denn die Dunkelheit machte ihm Angst. In seinem Bauch schunkelten einige Liter Bier. Ein paar Kurze. Zwei Frikadellen mit Senf. Die Stimme von Doris spukte durch seinen Schädel. Du musst was aus dir machen. Hatte sie gesagt und das Wodkaglas auf ex gekippt. Er blieb stehen. Kramte die Zigaretten und das Feuerzeug raus. Knipste sich eine an. Die vorletzte. Verstaute alles wieder in der Tasche. Nahm einen kräftigen Zug. Lief weiter. Der Bürgersteig hielt das aus. Leichte Probleme mit dem Gleichgewicht machten ihm nichts. In der heutigen Zeit war man daran gewöhnt. Ein Rülpser rief die Frikadellen ins Gedächtnis zurück. Die Zigarette half. Er kam an die Kreuzung. Schaute in alle Richtungen. War sich nicht sicher. Und plötzlich klatschte eine Taube aus dem Himmel. Platsch. Genau vor seine Füße. Mausetot. Wie von einem Faustschlag getroffen kippte er einen Schritt zurück. Sein Blick ging nach oben. Leer. Dann auf das Tier. Der Kopf war verdreht. Kein Blut. Er bückte sich runter. Absolut tot. Wieso sterben Tauben um diese Uhrzeit. Dachte er. Aber gestorben wird immer. Sagte er sich und nannte sie Angelika. Arme kleine Angelika. Rechts war ein Taxistand. Er steuerte ihn an. Zwei Taxen warteten auf Kundschaft. Ein letzter Blick zurück auf Angelika. Dann öffnete er die Taxitür.

© Ulrich P. Hinz

 

Foto von Pixabay

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